Sommerliches Massaker – Wespe und Bremse
An einem heißen Julisonntag merkt der Fotograf wegen eines lauten Summens von seiner Zeitschrift auf. Geradewegs durch die geöffnete Terassentür kommt eine Bremse geflogen, eine dieser unangenehmen Stechfliegen die mancherorts auch als „Blinde Fliege“ oder „Blindekippe“ bekannt sind. Noch während nach der Fliegenklatsche gesucht wird, erscheint weiterer ungebetener Besuch, diesmal ein Insekt aus der Hautflüglergattung Vespinae, zu gut deutsch: eine Wespe. Was nun geschieht ist dramatisch.
Kaum hat die Taillenwespe den Zweiflügler erspäht, macht sie sich zielsicher an die Verfolgung. Die Jagd währt nicht lang und der gelb-schwarze Räuber bohrt seinen Hinterleibsstachel in die Beute. Anders als die Bienenverwandschaft verenden Wespen nach dem Stich nicht, denn ihr Stachel ist nicht mit Widerhaken bewehrt, sodass er wieder eingezogen und mehrfach verwendet werden kann.
Die Gegenwehr der Fliege erlahmt, denn das injizierte Wespengift entfaltet seine Wirkung. Der gelb-schwarze Hauflügler zerteilt nun in aller Seelenruhe seine wehrlose Beute.
Mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen trennt die Wespe zunächst die beiden Flügel vom Rumpf und entfernt eins nach dem anderen die sechs Beine. Wäre die Fliege nicht ohnehine schon paralysiert, spätestens jetzt wäre kein Entkommen mehr möglich. Das Raubinsekt dreht und wendet den Körper seines Opfers zwischen den Tarsen, die scharfen Mundwerkzeuge schließen sich oberhalb der Brust und der Bremsenkopf mit seinen riesigen grünen Facettenaugen fällt herab. Einige Bisse später ist auch der Hinterleib – der Biologe nennt ihn auch Abdomen – entfernt. Die Wespe weiß, dass der Thorax die nahrhaftesten Stücke ihrer Jagdbeute enthält: Hier sitzt der kräftige Muskelmotor, der die Insektenflügel in Bewegung setzt. Und tatsächlich packt der wehrhafte Hautflügler am Ende nur die proteinreiche Bremsenbrust und fliegt damit, die wertlosen Reste der ausgeweideten Fliege achtlos zurücklassend, zur Türe hinaus.