Lebensweise und allgemeine Biologie

Rhagonycha fulva - Roter Weichkäfer

Der Rote Weichkäfer (Rhagonycha fulva) ist ein häufiger Sommergast auf Wiesen, an Wegrändern und in lichten Waldrändern. Mit seinem orangefarbenen Körper, den auffallend weichen, lederartigen Flügeldecken und dem dunklen Fleck an den Flügeldeckenspitzen ist er leicht zu erkennen und gehört zu den auffälligsten Käfern unserer heimischen Insektenwelt.

Die adulten Tiere sind vor allem in den warmen Monaten Juni bis August aktiv, gelegentlich auch schon im Mai. In dieser Zeit findet man sie besonders häufig auf den Blütenständen verschiedenster Pflanzen. Besonders beliebt sind Doldenblütler wie Wilde Möhre oder Pastinake, aber auch viele andere Blütenpflanzen werden besucht. Die Tiere nutzen diese Nahrungsquellen nicht nur zur Energieaufnahme, sondern auch als Treffpunkt zur Partnersuche. Paarungen sind in der Hochsaison fast ständig zu beobachten, oft sitzen Männchen und Weibchen stundenlang eng aneinander geschmiegt auf den Blüten – unbeeindruckt von Umgebung und Publikum.

Bei der Nahrungssuche sind die Käfer wenig wählerisch: Sie fressen Pollen und Nektar, aber auch kleinere Insekten wie Blattläuse. Mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen können sie diese mühelos packen. Damit leisten sie einen doppelten Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht: Zum einen tragen sie zur Bestäubung bei – wenn auch nicht in dem Maße wie spezialisierte Pollensammler – und zum anderen helfen sie bei der natürlichen Regulierung von Schädlingspopulationen.

Die Käfer sind tagaktiv und zeigen bei sonnigem Wetter ein lebhaftes Verhalten. Sie fliegen relativ langsam und wirken dabei etwas unbeholfen. Bei Störungen lassen sie sich oft einfach fallen und suchen Schutz im Gras – ein einfacher, aber wirksamer Schutzmechanismus.

Die Larven des Roten Weichkäfers leben gut verborgen im Boden. Sie sind räuberisch und ernähren sich von kleinen Bodentieren wie Insektenlarven, Würmern oder Jungschnecken. Hinweise deuten darauf hin, dass sie überwiegend nachtaktiv sein könnten – ein Verhalten, das bei vielen bodenlebenden Insektenlarven verbreitet ist, auch wenn es für Rhagonycha fulva bislang nicht eindeutig belegt ist. Nach der Überwinterung im Boden verpuppen sich die Larven im Frühjahr und entwickeln sich zur erwachsenen Käferform.

Verwandschaft und Systematik

Der Rote Weichkäfer (Rhagonycha fulva) gehört zur Familie der Weichkäfer (Cantharidae). Diese Käferfamilie ist in Mitteleuropa mit zahlreichen Arten vertreten, die sich in Körperform, Farbe und Lebensweise ähneln. Typisch für alle Vertreter dieser Familie ist der weiche, biegsame Chitinpanzer – ein auffälliger Unterschied zu den meisten anderen Käfergruppen, deren Deckflügel meist hart und starr sind.

Innerhalb der Weichkäfer wird Rhagonycha fulva der Gattung Rhagonycha zugeordnet. Diese Gattung umfasst eine Reihe von Arten mit ähnlich schlanker Gestalt, die meist auf Blüten zu finden sind und dort sowohl Nektar als auch kleinere Beutetiere aufnehmen.

Ein bekannter Verwandter ist Cantharis livida, die Graugelbe Weichkäferart. Sie ist ähnlich häufig und besiedelt ähnliche Lebensräume. Im Unterschied zum Roten Weichkäfer ist ihr Körperbau jedoch gedrungener, und die Flügeldecken sind meist gelbbraun mit dunklerer Naht. Auch die Färbung des Halsschilds weicht deutlich ab.

Ebenfalls zur Familie zählt Cantharis rustica, die Rostrote Weichkäferart. Sie ist insgesamt dunkler gefärbt und besitzt auf dem Halsschild ein auffälliges dunkles Fleckenmuster, das bei Rhagonycha fulva vollständig fehlt. C. rustica ist etwas seltener anzutreffen und bevorzugt feuchtere Lebensräume.

Diese äußerlich ähnlichen Arten lassen sich bei genauem Hinsehen gut unterscheiden – ein schönes Beispiel für die Vielfalt der heimischen Käferwelt. Trotz ihrer Unterschiede erfüllen sie ähnliche ökologische Rollen: als Bestäuber, als Räuber kleiner Insekten und als Bestandteil des Nahrungsnetzes in Wiesen und Feldrändern.

Verbreitung und Schutz

Rhagonycha fulva - Roter Weichkäfer

Der Rote Weichkäfer ist in weiten Teilen Europas verbreitet und zählt hierzulande zu den häufigsten Vertretern seiner Familie. Sein Vorkommen erstreckt sich von den Britischen Inseln über Mitteleuropa bis in Teile Asiens. Auch in städtischen Grünanlagen und Gärten ist die Art regelmäßig zu finden, was für ihre Anpassungsfähigkeit und Robustheit spricht.

In Deutschland ist Rhagonycha fulva nahezu flächendeckend anzutreffen, sofern geeignete Lebensräume vorhanden sind. Besonders bevorzugt werden blütenreiche Wiesen, Wegränder, Waldränder und extensiv genutztes Grünland. Entscheidend ist das Angebot an Nektar- und Pollenpflanzen – ohne Blüten keine Weichkäfer.

Trotz ihrer Häufigkeit darf die Art nicht als selbstverständlich angesehen werden. Der anhaltende Rückgang artenreicher Wiesen durch intensive Landwirtschaft, Überdüngung und Flächenversiegelung führt vielerorts zum Verlust wertvoller Insektenlebensräume. Auch Pestizide können sich negativ auf die Populationen auswirken, vor allem in der Nähe von intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen.

Dennoch gilt Rhagonycha fulva derzeit nicht als gefährdet. Die Art profitiert von ihrer breiten ökologischen Toleranz und ist in der Lage, auch in vom Menschen geprägten Landschaften zu überleben. Dennoch ist der Erhalt blütenreicher Lebensräume entscheidend für die langfristige Stabilität seiner Populationen – und nicht zuletzt auch im Interesse zahlreicher anderer, weniger anpassungsfähiger Insektenarten.

Video

Rhagonycha fulva, Kleine rode weekschildkever, Sarsvennen en de banen
Jos Vroegrijk

Daten

Wissenschaftlicher Artname

Rhagonycha fulva

Deutschsprachige Namen

Roter Weichkkäfer

Fundort

Menden (Sauerland) / Asbeck

Datum

10/07/2011