Naturgeschichten aus Garten, Wald und Flur
Echte Erlebnisse aus der heimischen Natur
– unterhaltsam, informativ und manchmal ganz schön schräg –
Naturgeschichiten
Echte Erlebnisse aus der heimischen Natur
– unterhaltsam, informativ und manchmal ganz schön schräg –
Der folgende Text und die Fotos sind aus dem Jahr 2010. In jenem Jahr gab es eine außergewöhnlich gute Pilzsaison. Das hat sich seitdem in dieser Gegend im nördlichen Sauerland kaum jemals wiederholt, und dafür gibt es Gründe.
Einerseits war die Witterung seither für Pilze oft ungünstig. Besonders zwischen 2018 und 2020 waren die Sommer vergleichsweise heiß und trocken. Aufgrund des niedrigen Wasserpegels im Boden litt der Wald unter starkem Trockenstress. Nicht nur die Bäume, auch die Pilze kommen nun einmal nicht ohne Feuchtigkeit aus. Darüber hinaus waren die Winter sehr mild und weitenteils frostfrei, sodass die Borkenkäfer, bereits in großer Zahl aus der Winterruhe kamen. Während der Sommersaison vermehrten sich die Käfer explosiv und machten sich über die bereits angeschlagenen Fichten her. Kurzum: Die Fichtenwälder, die das gesamte letzte Jahrhundert das sauerländische Landschaftsbild beherrschten, sind zum größten Teil vernichtet. In vielen Gegenden herrscht jetzt der Kahlschlag vor und ohne Wald gibt es auch keine Waldpilze. Eine Klimawandelfolge.
In diesem Jahr begann die Pilzsaison früh und wie mit einem Paukenschlag. Seit Ende Juli und fast den gesamten August hindurch war es verhältnismäßig kühl und feucht gewesen. Abgesehen von wenigen heißen Wochen zwischen Juni und Juli war dieser Sommer völlig verregnet. Für die Gartensaison eher tödlich, sorgte diese Wetterabfolge in der Folgezeit für üppigstes Wachstum in der Pilzflora. Von Steinpilzen wird gemunkelt, ihre Vorkommen explodierten nachdem üppige Regenschauer auf längere Hitze folgen.
In manchen Jahren zuvor erbrachte auch die ausdauerndste Suche kaum die Einlage für ein dünnes Pilzsüppchen. IN dieser Saison aber traf der geübte Sammler bereits seit Mitte August auf Stein- und Perlpilze in außergewöhnlich üppiger Menge. Nicht „Pilze suchen“, lautete das Motto in diesem Jahr, sondern „Pilze pflücken“.
Vom begehrten Steinpilz einmal abgesehen, konnten Pilzkundige jetzt auch andere Arten häufig aufspüren.
Für so manchen Sammler gilt der Fichtensteinpilz als König unter den Speisepilzen. Seine Vielzahl günstiger Eigenschaften zeichnet ihn aus: Bereits aus wenigen Exemplaren seines oft stattlich großen und robusten Fruchtkörpers lässt sich eine ansehnlich Mahlzeit anrichten. Sein Fleisch ist fest und von angenehmem Aroma und verglichen mit anderen Sammelpilzen ist es meist erfreulich wenig von Schnecken angefressen oder mit Madengängen durchzogen. So kann er zügig ohne allzuviel Restabfall verarbeitet werden. In Öl oder Lake eingelegt, tiefgefroren, eingekocht oder getrocknet kann der Dickröhrling noch lange Zeit nach dem Fund genossen werden.
Wo man den Pfefferröhrling findet, lohnt es sich, auch nach dem Fichtensteinpilz Ausschau zu halten. Oft tritt der meist eher zierliche Röhrling als Begleiter des begehrten Edelpilzes auf; sie teilen sich das gleiche Habitat im Nadelwald. Früher galt der Pfefferröhrling aufgrund seines im rohen Zustand scharfen Geschmacks als ungenießbar. Doch getrocknet kann der ungiftige Pilz zum Würzen verwendet werden. Seine Schärfe geht spätestens beim Kochen verloren, sodass der kleine Pfefferröhrling, der an seinem Standort oft in großer Zahl zu finden ist, ohne weiteres verzehrt werden kann.
Der dunkelrote, feinfilzige Hut und der dunkelgrau auf weißem Grund beschuppte Stiel kennzeichnen diesen Röhrling aus der Gattung der Rauhfüße. Man findet ihn ausschließlich unter Eichen. Leicht verwechseln kann man ihn allerdings mit einigen nah verwandten Arten, die symbiotisch angepasst im Wurzelwerk anderer Gehölzarten leben. Im Unterschied zum Perlpilz ist hier ein Irrtum bei der Bestimmung wenig tragisch: Alle Rotkappenspecies sind ungiftig und gelten als gute Speisepilze.
Auch den Perlpilz findet man häufig in der näheren Umgebung von Steinpilzen im Fichtenwald. Anders als jener ist der „rötende“ Amanita nicht auf den Nadelwald beschränkt sondern auch im Laubwald beheimatet. Dort besiedelt der Mykorrhizapilz das Wurzelwerk der Bäume.
Der etwas erdig schmeckende Blätterpilz ist bei Schwammerlsuchern durchaus beliebt. Aber Vorsicht ist geboten! Unerfahrene Sammler verwechseln diesen guten Speisepilz trotz einiger deutlicher Unterscheidungsmerkmale bisweilen mit dem gefährlich giftigen Pantherpilz.
Von ganz anderer Natur als die vorangehend beschriebenen Pilzarten ist die Krause Glucke, mancherorts auch als Fette Henne bekannt. Dieser Porenpilz lebt als Saprobiont von der Zersetzung organischer Stoffe. Zumeist findet man sie in Kiefernwäldern. Der kundige Sammler empfindet große Freude beim Fund des in Geschmack und Konsistenz außergewöhnlichen Pilzes am Fuß einer alten Kiefer. Zwar ist der blumenkohlähnliche, sehr verzweigte Pilz nicht leicht zu reinigen, doch wird der Pilzfreund durch seine oft stattliche Größe – bis zu fünf Kilo erreicht die Kraus Glucke – reichlich entschädigt.